Die Gruppe
Die Antirassismusgruppe in München hat sich im Sommer 2020 anknüpfend an die internationalen Black-Lives-Matter-Proteste, die durch den gewaltsamen Tod von George Floyd in den Vereinigten Staaten im Mai desselben Jahres ausgelöst wurden, gegründet, um sich mit der Thematik Rassismus und dessen Bekämpfung auch in Deutschland auseinanderzusetzen.
Die Ereignisse im Sommer 2020 haben zu wiederholten Male zu großen gesellschaftlichen Debatten über Rassismus in den Vereinigten Staaten geführt. Doch Rassismus ist nicht nur in den USA ein Problem und besteht nicht nur aus einzelnen Fällen brutaler Gewaltausuferung. Fortwährend zahlreiche rassistisch motivierte Straftaten, Äußerungen und andere Handlungen in Deutschland von Politiker*innen und in der Bevölkerung machen deutlich, dass Rassismus auch in der Bundesrepublik nach wie vor ein reales Gesellschaftsphänomen ist. Rassistische Diskriminierungen werden im nationalen Diskurs jedoch weiterhin überwiegend als Handlungen Einzelner und/oder als Randerscheinung dargestellt. Dabei wird außen vor gelassen, dass Rassismus als ein strukturelles und somit gesamtgesellschaftliches Problem, welches mit anderen Diskriminierungskategorien sowie gesellschaftlichen Phänomenen flexibel verwoben ist, begriffen werden muss. Denn Rassismus geht uns alle etwas an; sowohl die negativ-betroffenen Bevölkerungsgruppen als auch die weiße Mehrheitsgesellschaft, die vom (strukturellen) Rassismus profitiert.
Wir sind eine Gruppe von Menschen, die überwiegend aus weiß gelesenen [1] und zum Teil aus migrantisch markierten [2] Menschen besteht. Darüber hinaus geht die Mehrheit von uns einer akademischen Ausbildung nach und befindet sich aufgrund dessen in einer privilegierteren Position.
Die Antirassismusgruppe trifft sich ungefähr zweimal monatlich, um aktuelle Projekte und Aktionen zu besprechen. Wir fokussieren uns dabei auf Empowerment-Events, um rassifizierten [3] Personen mehr Raum für Sichtbarkeit, Ausdruck ihrer Geschichten und Realitäten zu ermöglichen. In der Vergangenheit haben wir zum Beispiel Lesungen, Konzerte, Podiumsdiskussionen und eine Comedy-Show organisiert. Wir sind aber auch immer offen für neue Ideen, solange sie zu unserem Selbstverständnis passen. Teilweise betreiben wir auch selbst aufklärende Arbeit zum Thema Rassismus, etwa durch Infostände auf Festivals.
Zudem setzen wir uns im Rahmen unserer regelmäßigen Treffen ebenso mit (diskriminierungs- und rassismus-)-kritischen Perspektiven auseinander. Dabei und bei unseren Events berücksichtigen wir außerdem intersektionelle [4] und dekoloniale [5] Ansätze und Konzepte im Umgang mit dem Thema.
Die Gruppentreffen finden derzeit digital oder hybrid mit physischer Präsenz im Büro von Amnesty International in München statt. Wenn du in eines unserer Treffen reinschnuppern und unsere Gruppe kennenlernen möchtest, melde dich bei: antirassismus@amnesty-muenchen.de
Du findest uns außerdem auf Instagram unter: https://www.instagram.com/amnesty.muc.antirassismus/
[1] “”Weiß” und “Weißsein” bezeichnen ebenso wie “Schwarzsein” keine biologische Eigenschaft und keine reelle Hautfarbe, sondern eine politische und soziale Konstruktion. Mit Weißsein ist die dominante und privilegierte Position innerhalb des Machtverhältnisses Rassismus gemeint, die sonst zumeist unausgesprochen und unbenannt bleibt. Weißsein umfasst ein unbewusstes Selbst- und Identitätskonzept, das weiße Menschen in ihrer Selbstsicht und ihrem Verhalten prägt und sie an einen privilegierten Platz in der Gesellschaft verweist, was z.B. den Zugang zu Ressourcen betrifft. Eine kritische Reflexion von Weißsein besteht in der Umkehrung der Blickrichtung auf diejenigen Strukturen und Subjekte, die Rassismus verursachen und davon profitieren, und etablierte sich in den 1980er Jahren als Paradigmenwechsel in der englischsprachigen Rassismusforschung. Anstoß hierfür waren die politischen Kämpfe und die Kritik von People of Color. (Neue deutschen Medienmacher*innen, 2023)
[2] Durch die Bezeichnung „migrantisch markiert“ soll der Aspekt hervorgehoben werden, dass man sich nicht aneignet, wie Menschen tatsächlich sind oder sich selbst identifizieren und positionieren, sondern dass eine gesellschaftliche Kategorisierung anderer Menschen besteht. Durch diese Kategorisierung werden somit Personen ohne einem mehrheitsdeutschen Aussehen weiterhin häufig als „Migrant*innen“, also als „Nicht-Deutsche“ markiert und betrachtet.
[3] Rassifizierung bezieht sich auf den Prozess der Klassifizierung von Menschen aufgrund verschiedener physischer Merkmale wie Hautfarbe, Haartextur aber auch anderen Markern wie Namen, Verhaltensweisen oder Sprache in verschiedene, sozial konstruierte, “Rassen”. Diese Klassifizierung wird oft verwendet, um soziale Hierarchien zu etablieren oder zu rechtfertigen, und kann zu Diskriminierung, Vorurteilen und Ungleichheiten führen. Der Begriff betont, dass es sich bei der Unterteilung von Menschen in “Rassen” um gesellschaftliche Zuschreibungsprozesse und nicht etwa um biologisch gegebene Realitäten handelt.
[4] Intersektionalität bezieht sich auf das Konzept, dass individuelle Erfahrungen von Diskriminierung und Privilegien aufgrund verschiedener Identitätsmerkmale wie Rasse, Geschlecht, Klasse, körperliche, seelische und mentale Gesundheit, Alter oder sexuelle Orientierung miteinander verflochten sind. Diese Verflechtungen prägen die Lebensrealität einer Person und beeinflussen ihre Position in gesellschaftlichen Hierarchien. Intersektionale Analyse betrachtet daher nicht nur einzelne Formen der Diskriminierung, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen ihnen sowie die damit verbundenen Privilegien, um ein umfassenderes Verständnis von sozialer Ungerechtigkeit zu erlangen.
[5] Dekoloniale Konzepte beziehen sich auf Ansätze und Ideen, die darauf abzielen, die Auswirkungen des Kolonialismus auf Gesellschaften, Kulturen und Denkmuster anzuerkennen, zu verstehen und zu überwinden. Sie hinterfragen hegemoniale Narrative, Machtstrukturen und koloniale Erblasten, um eine gerechtere und gleichberechtigtere Gesellschaft zu schaffen, die die Vielfalt und Autonomie verschiedener Kulturen und Identitäten respektiert.
Teilnehmer*innen
Teilnehmer*innen
Die Antirassismusgruppe München ist offen für alle, die sich (selbst-)kritisch mit bestehenden Diskriminierungskategorien, ihren eigenen Privilegien und den dazugehörigen strukturellen Dimensionen sowie ihrer Verwobenheit mit anderen gesellschaftlichen Phänomenen auseinandersetzen und/oder dafür offen sind.
Besonders begrüßen wir das Interesse und die Teilnahme von Personen mit einer Behinderung und/oder von Menschen, die sich selbst als BIPoC positionieren und/oder sich der LGBTQIA*-Community und/ oder sich abseits des binären Geschlechtersystems identifizieren.
BIPoC = Black People, Indigenous People and People of Colour
LGBTQIA+ = Lesbian, Gay, Bi, Transgender, Queer, Intersex, Asexuell
Aktionen
Wir organisieren hauptsächlich Empowerment-Events, bei denen von Rassismus negativ betroffene Menschen im Vordergrund stehen und sich ausdrücken und vernetzen können und die weißen Menschen Möglichkeiten zum Zuhören und Lernen bieten. Die Veranstaltungen nehmen verschiedene Form an. In der Vergangenheit haben wir etwa Filmvorführungen, Konzerte, Poetry-Slam-Abende, Lesungen, Podiumsdiskussionen, Kunstmärkten und eine Comedy-Show organisiert. Dabei arbeiten wir oft mit anderen lokalen und aus den Communitys heraus entstandenen Organisationen zusammen.
Zudem waren wir mit Infoständen auf Festivals unterwegs und haben dort künstlerische Aktionen mit den Besucher*innen durchgeführt. Grundsätzlich sind wir immer offen für neue Ideen und Veranstaltungsformate.